T. Müller: Nikolaus von Kues und seine Konzilsschrift

Titel
«ut rejecto paschali errore veritate insistamus». Nikolaus von Kues und seine Konzilsschrift «De reparatione kalendarii».


Autor(en)
Müller, Tom
Erschienen
Münster 2010: Aschendorff Verlag
Anzahl Seiten
368 S.
Preis
URL
von
Alois Steiner

Auf dem Konzil von Basel (1431–1449) sorgte ein junger Theologe und Kanonist Nikolaus Cusanus (1401–1464) für Aufsehen. Er nahm sich eines Problems an, das schon lange unter den Christen für Unruhe gesorgt hatte: Die Frage der Kalenderreform und damit verbunden die genaue Festsetzung des Osterdatums. Das Konzil von Nizäa hatte im Jahre 325 die Ansetzung des Osterfestes für die Christenheit erstmals geregelt. Da sich im Laufe der Zeit Ungenauigkeiten im julianischen Kalender eingeschlichen hatten, schlug Cusanus vor, sieben Tage fallen zu lassen, um die kalendarischen Umstände von 325 wieder herzustellen. Davon handelt seine Konzilsschrift «De reparatione kalendarii», die er 1436 am Basler Konzil einbrachte.

Im 15. Jahrhundert waren die Osterfeste, die nach dem 17. April begangen wurden, nicht mehr im Einklang mit dem tatsächlichen Sonnenlaufe. Wenn die Christenheit nicht einmal Ostern, das wichtigste ihrer Feste, ohne Fehler bestimmen konnte, dann war das ein besonders wunder Punkt, von dem die Gegner ausgehen konnten, um die Unwahrheit der christlichen Lehren zu unterstellen. Nur durch eine Anpassung des Kalenders an die astronomischen Gegebenheiten und – in Einklang damit – an die christlichen Anforderungen konnte dieses Kalenderproblem beseitigt werden.

Cusanus sah im Kalenderproblem den wohl offensichtlichsten Punkt, der auf die Notwendigkeit einer Kirchenreform hinwies, und in der Kalenderreform einen ersten praktischen Schritt zur Realisierung einer solchen Erneuerung. Im Rahmen der weitreichenden Reformpläne, mit denen Cusanus die katholische Kirche von innen heraus erneueren wollte, besitzt seine Schrift eine wichtige Stellung. Inmitten aller Diskussionspunkte wie Konziliarismus, Reform der Kurie, Macht und Rolle des Papsttums usw., die er in seinen Reformschriften immer wieder anspricht, nahm das Kalenderproblem eine äusserst prominente Stellung ein, das eine Aussenwirkung weit über die Grenzen der Christenheit ausüben könnte.

Cusanus, ursprünglich Anhänger des Konziliarismus, vertrat nach der Spaltung der Konzilsversammlung die Anliegen Eugens IV., weil dieser Papst erfolgreich die Linie der Wiederaussöhnung mit der griechischen Kirche vertrat. Als Legat des Papstes reiste er 1437 nach Konstantinopel, um den dortigen Kaiser und die Patriarchen zur Teilnahme an einem Unionskonzil in Italien zu bewegen. Auf der Rückfahrt im Winter 1437/38 waren neben dem Kaiser der Griechen und den Patriarchen auch noch 28 Erzbischöfe an Bord, um zunächst in Ferrara und dann anschliessend in Florenz über die Kircheneinheit zu beraten und diese dann tatsächlich zu beschliessen.

Niklaus V. ernannte Cusanus zum Bischof von Brixen. Streitigkeiten mit dem Grafen von Tirol erschwerten jedoch seine Lage, so dass er einem Rufe Enea Silvio Piccolominis, des im August 1458 inthronisierten Papstes Pius II. folgte und nach Rom reiste, wo er zum Generalvikar der Stadt Rom ernannt wurde. Die letzten Jahre seines Lebens oblag er als Kurienkardinal universalkirchlichen Aufgaben.

Erst Papst Gregor XII. (1572–1585) nahm sich – mehr als hundert Jahre später – ernsthaft der Problematik des fehlerhaften Kalenders an. Durch die Papstbulle mit dem Titel «Inter gravissimas» vom 24. Februar 1582 wurde der erneuerte Kalender eingeführt. Dieser gregorianische Kalender konnte sich – wenn auch alles andere als zeitgleich – in ganz Europa durchsetzen und ist heute fast weltweit in Gebrauch.

Zitierweise:
Alois Steiner: Rezension zu: Tom Müller , «ut rejecto paschali errore veritate insistamus». Nikolaus von Kues und seine Konzilsschrift «De reparatione kalendarii», Münster, Aschendorff Verlag, 2010. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 104, 2010, S. 475.-476

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in
Weitere Informationen
Klassifikation
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit